- Doblinger Musikverlag DE
- Komponist*innen
WELLESZ, Egon
Komponistenprospekt zum Download
Egon Wellesz wurde am 21. Oktober 1885 in Wien geboren. Halb Jude, halb Ungar und ganz Österreicher, nahm er Europas ehrwürdigste und doch kosmopolitische Tradition in sich auf. Früh erlernte er das Klavierspiel, studierte später Musikwissenschaft bei Guido Adler sowie von 1905 bis 1906 Kontrapunkt bei Arnold Schönberg, dessen erste Biographie er 1920 schrieb. Die erste gedruckte Komposition war der Zyklus von Vier Impressionen für Klavier, Der Abend op. 4 (1910). Seine harmonische Sprache ist im Grunde diatonisch und Brahms nahe, obwohl der Untertitel auf Debussy als weiteren starken Bezug verweist - eine Verbindung, die in folgenden Werken wie dem Klavierstück Eklogen op. 11 (1912) und der Suite für Orchester op. 16 (1913) deutlich wird. Die Drei Skizzen für Klavier op. 6 (1911) sind ein Vorgeschmack auf Wellesz' souveräne Bündigkeit und Direktheit im Ausdruck. Das Material ist auf das Notwendigste beschränkt, keinerlei Schmuck oder Verzierung lenkt von der beherrschenden musikalischen Aussage ab. Diese formale Ökonomie bewirkt eine stilistische Verwandtschaft zum Expressionismus von Schönberg, Berg und Webern. Unter der frühen Kammermusik ragt das Dritte Streichquartett op. 25 (1918) hervor: ein glänzend nostalgisches Stück mit bemerkenswert breiter Ausdruckspalette, wie sie für alle seine Streichquartette charakteristisch ist. Partituren wie die Alkestis op. 35 (1923) auf einen Text des Wellesz-Freundes Hugo von Hofmannsthal und, höchst erfolgreich, Die Bakchantinnen op. 44 (1930), die 1931 unter Clemens Krauss ihre Uraufführung an der Wiener Staatsoper erlebten, begründeten seinen Ruf als einer der bedeutendsten Opernkomponisten seiner Generation. Zu den wichtigen Chorwerken dieser Periode zählt die Messe in f-Moll op. 51, die Wellesz, der zum Katholizismus konvertiert war, 1934 schrieb. Prosperos Beschwörungen op. 53 (1936) sind ein Schlüsselwerk. Einerseits Höhepunkt der dramatischen Errungenschaften des Komponisten, verweist das Werk andererseits bereits auf die "englischen" Jahre mit seinem Shakespeare-Bezug und seinen Rückgriffen auf die Tradition großer österreichischer Symphonik. Bruno Walter dirigierte die Wiener Philharmoniker bei der Uraufführung am 19. Februar 1938 im Wiener Musikverein. Der Erfolg des Werkes führte zu einer Aufführung in Anwesenheit des Komponisten im Concertgebouw Amsterdam am 13. März 1938 - dem Tag, an dem die Nazis Österreich annektierten. Wellesz kehrte aus den Niederlanden nicht nach Hause zurück, sondern ging nach England und wurde Fellow des Lincoln College an der Universität Oxford, wo er sechs Jahre zuvor, als erster Österreicher seit Haydn, die Ehrendoktorwürde empfangen hatte. Die ersten fünf Jahre seines Exils war Wellesz nicht in der Lage zu komponieren, da ihn die Emigration offensichtlich seiner musikalischen Wurzeln beraubt hatte. Unter dem Eindruck eines Gedichtes von Gerald Manley Hopkins begann er dennoch wieder, Musik zu schreiben und schuf sein Fünftes Streichquartett op. 60 (1943) sowie, noch bemerkenswerter, im Alter von sechzig Jahren seine Erste Symphonie op. 62 (1945), die 1948 von den Berliner Philharmonikern unter Sergiu Celibidache uraufgeführt wurde. Eine Flut von Kompositionen folgte, darunter acht weitere Symphonien, vier weitere Streichquartette und drei Schlüsselwerke für Soli, Chor und Orchester - die Duineser Elegie op. 90 (1963), Mirabile Mysterium op. 101 (1967) und Canticum Sapientiae op. 104 (1968). Unter seinen ersten Werken, die in seiner zweiten Heimat entstanden, ist das herrliche Oktett op. 67 (1949) von typisch wechselnder Erfindung und zeigt einen erstaunlich breiten Rahmen von Freundlichkeit und Wehmut bis zu Einkehr und Trauer. Die ersten vier Wellesz-Symphonien sind im Großen tonal und strahlen brucknersche spirituelle Würde aus, während die späten fünf Symphonien sich mit straffer Chromatik auf den Expressionismus des späten Mahler und des vorseriellen Schönberg berufen. Strukturelle und stilistische Gemeinsamkeiten aller Symphonien sind der Gebrauch von Chorälen, Trauermärschen, fugierten Passagen und kammermusikalischem Gewebe; die dreisätzige Gestalt der ersten Symphonie wird in den letzten vier wieder aufgenommen. Die Instrumentation der späten Symphonien ist oft durchsichtig: die pointillistischen Scherzi erinnern an Weberns geschliffene Miniaturen. Obwohl Wellesz sein Neuntes (und letztes) Streichquartett op. 97 schon 1966 schrieb, komponierte er weitere Kammermusik, die die späten Symphonien in ihrer energischen Geradlinigkeit ergänzt: Die Vier Stücke für Streichquartett op. 103 (1968), Vier Stücke für Streichtrio op. 105 (1969) und die Vier Stücke für Streichquintett op. 109 (1970) zeigen alle die ungebrochene Meisterschaft intensiver Intimität und intellektueller Strenge der Kammermusik. Die Studien in Grau für Klavier op. 106 (1969) sind ein typisches Beispiel für den Wellesz-Spätstil - wild entschlossen und absichtlich ernst, mit nachdrücklichen Unisono-Themen, energischen Rhythmen und scharfen Dissonanzen. Diese Eigenschaften finden ihr getreues Abbild auch in seinen letzten Orchesterwerken, der sprunghaften Achten Symphonie op. 110 (1970) und der feierlichen Neunten op. 111 (1971), deren abschließendes Adagio ein post-Mahler'sches Klagelied auf eine vergangene Ära anstimmt. In seinen letzten Jahren wurden Wellesz viele europäische Ehren zuteil, zuvorderst in Österreich, das ihn 1961 mit dem Großen Österreichischen Staatspreis für Musik auszeichnete. Er starb am 8. November 1974 in Oxford, wo er die letzten 36 Jahre seines Lebens im Exil verbracht hatte. Sowohl mit der Avantgarde als auch mit traditionellen Strömungen vertraut, gelang Wellesz eine Synthese aus beidem, prägte aber dennoch seine eigene, einzigartige musikalische Sprache. Seine Werke umfassen so unterschiedliche Stile wie den "akademisch-österreichischen" - man denke nur an die zahlreichen Choräle in der dramatischen Dritten Symphonie op. 68 (1951) oder die große Bedeutung von fugierten Passagen für die Vierte Symphonie "Austriaca" op. 70 (1953) - und die melodische und rhythmische Komplexität des modernen Idioms, etwa im Triptychon für Klavier op. 98 (1966) und dem bezwingenden Symphonischen Epilog für großes Orchester op. 108 (1969). In seinen Emigrationsjahren in Oxford überschatteten Egon Wellesz? hervorragende akademische Errungenschaften als Byzantinist das Werk des Komponisten. In jüngster Zeit erst erregen seine kreativen Leistungen durch eine Reihe neuer CD-Produktionen, Konzertaufführungen und das unermüdliche Eintreten des Egon-Wellesz-Fond bei der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien nachträglich internationale Aufmerksamkeit. Über acht Jahrzehnte hinweg bekunden seine Kompositionen absolute strukturelle Integrität und Meisterschaft. Zu den von der Zweiten Wiener Schule bereicherten Genres fügte Wellesz die Symphonie mit einer in später Blüte stehenden Reihe von großartigen, kraftvollen Partituren hinzu. Seine Arbeiten in dieser Form und auf den Gebieten von Kammermusik und Oper lassen einen Komponisten von einzigartiger Begabung und tiefer Menschlichkeit erkennen. Paul Conway (2003) (Deutsche Fassung: Walter Weidringer) Homepage Egon Wellesz-Fonds
Geburtstag
21.10.1885
Todestag
09.11.1974
Biographie
-
© Archiv
Werke
Der Abend. Ein Zyklus von vier Impressionen op. 4 für Klavier (1909/10)
1909
Dauer: 18'
Bestell-Nr.: 01 521
Divertimento für kleines Orchester
1969
Dauer: 12'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 278 (Studienpartitur)
Drei Capriccios nach Bildern von Callot in Hoffmanns ''Prinzessin Brambilla'' für Klaviertrio
1903
Dauer: 12'
Bestell-Nr.: 37 224
Duineser Elegie
1963
Dauer: 23'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 100 (Studienpartitur) / 46 023 (KlA, Chorpart.)
Festliches Praeludium über ein byzantinisches Magnificat für gemischten Chor und Orgel op. 100
1966
Dauer: 7'
Bestell-Nr.: 45 409
Heldensang. Symphonischer Prolog für Orchester
1905
Dauer: 16'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise
Laus nocturna. Vier Stücke für gemischten Chor a cappella op. 88
1962
Dauer: 12'
Bestell-Nr.: 42 842
Lieder nach Dichtungen von Stefan George für mittlere Stimme und Klavier op. 22
1917
Dauer: 9'
Bestell-Nr.: 08 643
On Time. Three songs for barytone op. 63 für Bariton und Klavier (1946/50)
Dauer: 10'
Bestell-Nr.: 08 644
Prosperos Beschwörungen
1936
Dauer: 31'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 60 (Studienpartitur)
Streichquartett Nr. 6 op. 64
1946
Dauer: 16'
Bestell-Nr.: 06 135 (Stimmen) / Stp. 164 (Studienpartitur)
Streichquartett Nr. 7 op. 66
1948
Dauer: 22'
Bestell-Nr.: 03 136 (Stimmen) / Stp. 165 (Studienpartitur)
Streichquartett Nr. 9 op. 97
1966
Dauer: 15'
Bestell-Nr.: 03 137 (Stimmen) / Stp. 150 (Studienpartitur)
Suite für Orchester. Studie im Ballettstil
1913
Dauer: 22'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise
Symphonie Nr. 2 in Es (Die Englische)
1948
Dauer: 45'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 713 (Studienpartitur)
Symphonie Nr. 3 in A
1951
Dauer: 39'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 692 (Studienpartitur)
Symphonie Nr. 6
1965
Dauer: 25'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 103 (Studienpartitur)
Symphonie Nr. 7
1968
Dauer: 20'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 221 (Studienpartitur)
Symphonie Nr. 8
1970
Dauer: 22'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 292 (Studienpartitur)
Symphonie Nr. 9
1971
Dauer: 27'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 300 (Studienpartitur)
Symphonischer Epilog
1969
Dauer: 13'
Bestell-Nr.: Aufführungsmaterial leihweise / Stp. 274 (Studienpartitur)
Vier Stücke für Streichquartett op. 103
1968
Dauer: 11'
Bestell-Nr.: 06 138 (Stimmen) / Stp. 298 (Studienpartitur)
Vier Stücke für Streichquintett op. 109
1970
Dauer: 10'
Bestell-Nr.: 06 253 (Stimmen) / Stp. 258 (Studienpartitur)
Vier Stücke für Streichtrio op. 105
1969
Dauer: 17'
Bestell-Nr.: 06 024 (Stimmen) / Stp. 299 (Studienpartitur)