Begegnungen

War es in seinem letzten großen Orchesterwerk Multiphonie (1998/99) im absolut-musikalischen Sinn das vielfache Zusammenwirken von Ausdrucksbereichen, „eine Begegnung unterschiedlichster Temperamente, die einerseits zu unvermeidlichen Konfrontationen führen, andererseits aber wieder die gemeinsame Sprache suchen“ (Erich Urbanner), so nahm der Komponist die Anregung für sein neues, im Auftrag von Udo Zimmermann für die Konzerte der „Musica viva“ München entstandenes Stück aus einer anderen Sparte: dem Film, genauer der Gestaltung von Musik im Film. Ausgehend von der Beobachtung, dass Musik in vielen Arten von Filmen situationsunabhängig durch zwei Hauptmerkmale gekennzeichnet ist: zu einer oft durch liegende Klavierklänge geschaffenen „Atmosphäre“ treten punktuelle Einwürfe, die unvermutet Impulse und neue Farben setzen. Für Begegnungen setzte sich der Komponist die Aufgabenstellung eine Entwicklungsmöglichkeit einer solchen „plakativen“ Ausgangssituation zu gestalten. Dementsprechend weist das Stück in Entsprechung zum filmischen Klavierklang eine Akkordfolge als weichen Grundklang („Atmosphäre“) auf, ergänzt durch vielfältige Impulse und Farbschattierungen. Vielschichtige Verarbeitung des Ausgangsmaterials und ein hohes Maß an Kontrasten prägen die acht Abschnitte. Lyrische und belebte Entwicklungen finden ebenso Platz wie eine deutliche Reminiszenz an die Klangästhetik der 1950er-Jahre im fünften Teil. Entsprechungen einzelner Teile zueinander bilden einen übergeordneten Bogen. (Christian Heindl)

"Begegnungen sind für mein künstlerisches Selbstverständnis wesentliche Voraussetzungen dafür, Positionen kompositorischer Gestaltung noch tiefer zu ergründen. – Begegnungen in Form von Selbstreflexionen während des Kompositionsvorgangs – Begegnung mit ästhetisch früher Erlebtem (Boulez) – Begegnungen des Materials in sich. Daraus entstehende Hindernisse verlangen die Suche nach Möglichkeiten der Loslösung – Begegnung mit „Musica viva“: Was heißt musica viva? – Wege zu einer sehr lebendigen, nicht kanalisierten, Schranken überschreitenden Auseinandersetzung. (Erich Urbanner)

"Unglaublich spannend" "Erich Urbanners 'Begegnungen' im ersten musica-viva-Konzert"  "Wirklich erstaunlich ist jedoch, dass die wohl dichteste Tonsprache bei der Uraufführung des konziliantesten Werkes dieses Abends entsteht: bei Erich Urbanners 'Begegnungen' für großes Orchester. Durch die unglaublich dichte Melodik, durch die vielen, einander stimmig ablösenden Stimmungsbilder entsteht ein Klangeindruck, der an eine spätromantische sinfonische Dichtung erinnert. Eine wirklich spannende musikalische Geschichte." (Andreas Pernpeintner, Süddeutsche Zeitung, 27. September 2010)