Werk

Noten
suchen und finden

BISCHOF Rainer

Come un sviluppo... stracci

Untertitel

Kammersymphonie (1988/89)

Erscheinungsdatum
1989
Opus
op. 25
Dauer
9'
Bestell-Nr.
Aufführungsmaterial leihweise

Keine Medien vorhanden

Beschreibung

 Die in den Jahren 1988/89 entstandene 1. Kammersymphonie Come uno sviluppo … stracci ist im Auftrag von Peter Keuschnig für dessen Ensemble Kontrapunkte geschrieben, welches das Werk im Mai 1989 zur Uraufführung brachte. Gerade dieses Werk - und speziell seine ersten Takte - de¬monstrieren ausgezeichnet Rainer Bischofs Gestaltungsprinzipien, satztechnisch wie inhaltlich: Die Reihe (H-C-Fis-F-A-B-E-G-Gis-Cis-D-Dis) erklingt zunächst vertikal als Zwölftonakkord, um unmittelbar darauf (in zwei Sechstongruppen zerlegt) in Englischhorn und G-Flöte horizontal aufgelöst zu werden. Zugleich wird diese Linie in der 1. Violine als Krebs des Spiegels kontrapunktiert sowie rhythmisch in etwa imitiert. Dieses Thema umfasst also dicht komprimiert das dialektische Prinzip, welches für den Philosophen wie für den Komponisten (auch hier die Einheit in der Polarität!) gleichermaßen bestimmend ist. Zum Titel der Komposition („Wie eine Entwicklung ... Fetzen“) äußerte sich der Komponist folgendermaßen: „Es handelt sich hier um den Versuch, Strukturen zu schaffen, die in besonderer Weise eigenständig sind. Diese Strukturen stellen geistig klingende Organismen dar; sie aus einer Keimzelle heraus entstehen zu lassen, ist der intellektuelle Anspruch, der die Substanz des Stückes trägt. Wir können diese Strukturen nur zum Schein lebendig entstehen lassen - das ist der Raum der Kunst. Als solche sind sie zwar leblos, als klingendes Ereignis aber lebendig. Gemessen am Geist, in Parallele zur Natur, bleiben sie Kunstwerk, das heißt menschliches Flickwerk, Fetzen, und täuschen eine Entwicklung vor, die nur im Klingen entsteht.“ Angeregt zu diesen komplexen Gedanken wurde Bischof einerseits von einer Stelle aus einem Brief Alban Bergs an Hans Erich Apostel, wo es heißt: „...es ist doch alles nur Stückwerk“, andererseits von einem Schlüsselerlebnis aus seiner Speditionszeit, als er 1976 miterlebte, wie in Prato Lumpen zur Wie¬derverwertung gesammelt wurden, „Fetzen“ also als Ausgangsmaterial für Neues dienten. Hierin manifestiert sich auch die Verbundenheit Bischofs mit der Tradition, mit dem Kompositionsbegriff der Klassik, wo erst die Verarbeitung, die Durchführung, dem Thema (bzw. den Themen) Sinn verleiht. Tatsächlich folgt die vorliegende Kammersymphonie (leicht verwischt) der Sonaten-Hauptsatzform. Als zweite Widmung trägt die Partitur den Vermerk: „Dieses Stück ist in Erinnerung und in Gedanken an meinen geliebten Dingo geschrieben“. Dabei handelt es sich um Bischofs damals verstorbenen Hund, und nur wer niemals die Anhänglichkeit eines treuen Haustiers erlebt hat, vermag über derartige Sentimentalität zu lächeln. Deutlich nachvollziehbar und jenseits jeder theoretischen Analyse ist dieses Stück eine echte Trauermusik! Rainer Bonelli

Inhalt

 

Rezension