RÜEGG Mathias
Für uns, zwei, drei, vier... für Kontrabass und Vibraphon
Bestell-Nr.
03 948
ISMN
979-0-012-20102-1
Keine Medien vorhanden
Webshop
Beschreibung
Wien gilt als Stätte bedeutender großer klassischer Orchester, wobei ihr Stellenwert unterschiedlich eingeschätzt wird, wenn es um stilistische Vielfalt geht. Diese Orchester (z. B. Philharmoniker und Symphoniker) gelten als Garant einer traditionellen Bastion, die hauptsächlich vor dem 20.Jahrhundert geschriebene Musik für ein immer älter werdendes Abonnement-Publikum spielt, das hauptsächlich Musik hören will, die nicht nach der Romantik entstanden ist. Etwas, was in fast allen anderen Kunstrichtungen unmöglich wäre, hält sich hier nach wie vor aufrecht. Komponisten neuer Musik müssen in den Keller, man stelle sich das mal am Burgtheater vor! Von Schiller bis Hoffmannsthal erscheint alles auf der Bühne und von Brecht bis Botho Strauss muss das wenige Publikum in den Keller. Undenkbar? Aber vielleicht sollten die europäischen Komponisten auch mal über ihre Entfremdung der Musik in den letzten siebzig Jahren nachdenken, ein Phänomen, das es in der Form jedenfalls in den USA nie gegeben hat. Ich versuche in meiner Naivität Musik zu schreiben, die nur mit Musik und nichts mit Soziologie, Terminologie, Philosophie, Mathematik, Weltverbesserung, Innovation, Politik oder sonstigen Schlagwörtern zu tun hat. Musik, die den Musikern und dem Zuhörer auch so etwas wie
„Genießen“ , bzw. „Nachvollziehen“ erlaubt. Und ich bin natürlich sehr froh, wenn ich dafür die richtigen Musiker finde wie z. B. Sie, werte Interpreten und Käufer dieses kleinen Werkes, oder wie z. B. Flip Philipp (Percussion) bzw. Ernst Weissensteiner (Kontrabass), beide Stimmführer bei den Wiener Symphonikern und beide auch gewiefte Jazzmusiker mit Hang zu vielfältigen Experimenten in ihren eigenen Formationen. Also so etwas wie ein Versprechen für die Zukunft.
Und haben Sie im Übrigen mal die Noten eines Solos von Charlie Parker mit einer Geigenstimme von Bach verglichen? Der Unterschied auf dem Papier ist minimal, deswegen mag ich Noten so. Weil sie in der Analyse absolut neutral sind. Erst im Kontext der Aufführungspraxis werden sie weltanschaulich bzw. (kultur-)politisch und missbraucht und gegeneinander ausgespielt.
Ah ja: Und der dritte Satz von „für uns, zwei, drei, vier ...“ hat’s in sich, dafür mit Applausgarantie! Und die Mollmedianten in der Vibraphonstimme wären einige genauere Überlegungen wert. Das Zauberwort heißt noch immer „Thesaurus of Scales and Patterns“, Nicolas Slonimskys geheimer Schlüssel zu der Musik des 20. Jahrhunderts.
Hörproben
Allgemeine Spielanleitungen:
Nachdem ich versuche, „klassische“ Musik aus der Perspektive eines Jazzmusikers zu schreiben, sollte Folgendes berücksichtigt werden: Alle rhythmischen Stellen beziehen sich auf den Grundbeat und müssen entsprechend rhythmisch, also ohne irgendwelche „Verzögerungen“ etc. gespielt werden. Die Phrasierung ist im Großen und Ganzen immer die gleiche: Die Bögen markieren die Längen (bzw. die melodischen Abschnitte) der Phrasen und oft auch ihre Akzente, sind aber hier, im Gegensatz zur klassischen Notation k e i n e Legatoangaben. Das klassische Staccato kommt eigentlich fast nie vor, es handelt sich also um eine Art Attacca, d. h. die Bläser stoßen die Noten einzeln an, und die Streicher spielen „Alla Corda“ bzw. „Détaché“ und phrasieren jede einzelne Note. Im Jazz würde man die Phrasierung als nicht triolisierte Legatoachtel bezeichnen. Bei den Rubatostellen wird dann normal legato gespielt.
PS: Komponisten (wie ich) liefern Vorschläge und legen keinen großen Wert auf Werktreuefetischismus. Wichtig ist das Erkennen der musikalischen Strukturen. Daraus ergibt sich zwangsläufig die „richtige“ Interpretation, vor allem, was die Rhythmik betrifft.
mathias rüegg,
Wien, März 2011
Video files