URBANNER Erich
Klavierkonzert Nr. 4
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Infoblatt
Beschreibung
Seit den Anfängen meiner kompositorischen Tätigkeit fühle ich mich immer wieder zu Ausdrucksbereichen konzertanten Inhalts hingezogen, um mich der besonderen Herausforderung einer sensiblen musikalischen Partnerschaft zu stellen, mit einer Überfülle an gestalterischen Möglichkeiten konfrontiert zu werden, daraus Perspektiven für eigenes Tun und Handeln herauszulösen und in individuellen Formen auszusagen. Die Bezeichnung „Konzert“ – zumal dann, wenn es sich um ein so genanntes Solokonzert handelt – ist offenbar seit 1945 immer wieder etwas in Misskredit geraten, und es scheint sich seiner Art nach auch immer wieder von dem zu entfernen, was „Konzert“, was „Concerto grosso“, oder wie immer man diese Gattung bezeichnen mag, darstellen soll: Soloinstrumente zu primären Trägern des musikalischen Geschehens zu erwählen, sie in den Mittelpunkt zu stellen, ihnen Aufgaben zuzuweisen, die in dieser oder jener Art nur von diesem oder jenem Instrument gelöst werden können. Übergangsphasen und Hinterfragen festgeschriebener kompositorischer Normen haben immer schon meine besondere Neugierde erweckt, und es ist weniger merkwürdig als zunächst vermutet, dass von Konzertstücken, in denen keine Rede mehr von „concertare“, vom Wettstreit der Solisten um die Palme des Virtuosen ist, ebenso eine Faszination ausgehen kannn, die vom Instrumentalisten und seinem Spiel, ja nicht zuletzt auch von seinem Instrument ausgeht. Dadurch wird der forschende Blick von neuem auf das Instrumentale und seine vielleicht noch verborgenen Geheimnisse gelenkt. So mag der Titel „Konzert“ in einem neuen – oder soll man sagen wieder gewonnenen? – instrumentalen Sinne aufgefasst werden, und ich habe ihn auch in diesem Sinne benutzt. Die Komposition umfasst sieben Hauptteile mehrfachen Inhalts, wobei in den Blöcken 2, 4 und 7 reine Orchestersätze eingebaut sind. Dem Solisten gewidmete Kadenzen unterschiedlicher Länge finden wir in den Blöcken 1, 4 (Hauptkadenz), 6 und 7 (das Konzert abschließend) verankert. Darüber hinaus aber ist das Geschehen in allen Hauptteilen durch reichhaltige musikalische Formen geprägt, durch eine Vielfalt von Dialogen, von Orchesterinstrumenten und Gruppen unter sich, sowie der Orchesterinstrumente mit dem Soloinstrument. Damit ist der Dualismus – hie Soloinstrument, hie Orchester – aufgehoben, das Orchester gewissermaßen aus der Rolle des Kontrahenten in die des gleichberechtigten Partners hinübergeführt worden, ein vielfältiges Netz von instrumentalen Beziehungen von Einzelaktionen bis hin zur Bündelung mehrfacher Zeit- und Erlebnisschichten, ein pluralistischer Klang, wechselnd in Dichte und Kontinuität, ein flexibles Gewebe von durchsichtiger Zartheit ebenso wie von stählerner Festigkeit. Die Komposition bezieht ihr Grundmaterial aus einer Allintervallfolge, die von der Oktave in tiefer Lage ihren Ausgang nimmt und sich in Aufwärtsrichtung bis zur Sekunde verkleinert. Die amorphe Gestalt eines solcherart Ton für Ton errichteten Klangturms wird nur zweimal am Anfang des Stücks quasi als Eröffnung präsentiert. Eine sofort eingeleitete musikalische Belebung zielt auf eine Umwandlung des ursprünglichen Ansatzes ab und liefert eine symmetrisch und in Spiegelform angelegte Tonreihe, aus der die Werte – vor allem auch die melodischen – für die Organisation des Stücks gewonnen werden. Die Strukturverläufe allerdings sind nicht im Sinne historisch strenger Reihentechnik zu verstehen; vielmehr wurde das Serielle gewissermaßen als Skelett des kompositorischen Gefüges benutzt und eine Reihe von Verfahren angewendet, die aus dem Seriellen allein nicht mehr erklärbar sind. Mein Ziel war es, zu Bildungen zu gelangen, zu Gestalten, die letzten Endes und allein durch ihre musikalische Wirklichkeit definiert sind, über das Erklärbare, das Sagbare, das irgendwie Auszumachende hinwegzukommen, wo Serielles, auch Tonales, impulsiv Rhythmisches oder Tanzartiges in die lebendige Einheit des musikalischen Organismus, in seine widerspruchsvoll einheitliche Gewachsenheit hinüberführt. Erich Urbanner
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