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EINEM Gottfried von

Streichquartett Nr. 5 - Festina lente

Erscheinungsdatum
1991
Besetzung
Streichquartette
Opus
op. 87
Dauer
16'
Bestell-Nr.
06 147 / Stp. 568

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Beschreibung

Von Einem hat das Werk, das sein letztes Streichquartett bleiben sollte, zwischen 1989 und 1991 „im Auftrag des Internationalen Franz-Schubert-Instituts geschrieben und Hans Wertitsch herzlich dezidiert“. Hans Wertitsch, ein bedeutender Autographensammler, bewahrte das Autograph von Schuberts Lied „Labetrank der Liebe“ D 302 auf, das dann in die Musiksammlung der Österreichi-schen Nationalbibliothek überging. Die Liedmelodie tritt im Zentrum von Gottfried von Einems Streichquartett ganz unverstellt hervor. Ihre Einbindung in einen musikalischen Rahmen am Ende des 20. Jahrhunderts lässt die Melodie aus dem frühen 19. Jahrhundert noch reiner erscheinen als sie ohnedies ist – der bewegendste Moment in einem Streichquartett, das auf nahegehende Weise ständig zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Erinnerung und Erwartung, auch zwischen Musik-sprachen aus weiter zurückliegender und neuerer Zeit hin und her schwingt. Fast möchte man sagen: ein „Schubert-Sound“ im Ausklang des 20. Jahrhunderts. Das sechssätzige Streichquartett Nr. 5 op. 87 könnte man auch als großes Adagio mit schnelleren Zwischenteilen und Zäsuren bezeichnen. Denn die Sätze eins, vier und sechs sind ausgewiesene Adagios über die im Prinzip gleichen thematischen Materialien, harmonischen Strukturen und Tonarten – und die drei Sätze bilden eine Einheit, die sich über das ganze Werk wölbt. Wobei die im 1. Satz chromatisch bis zu Dissonanzen zugespitzte Leidenschaftlichkeit der Tonsprache – wie ein „verklärter Tagtraum“ – und die dichte Polyphonie in einer in den Adagio-Sätzen vier und sechs mehr und mehr zur Auffächerung und Auflösung tendiert. Im Adagio molto des 4. Satzes erscheint die Leidenschaft geläutert – es ist wie ein mildes Capriccio über den 1. Satz. Das prägende Intervall der Quart wird in einen Ruf verwandelt. In das zunächst melodisch ausschwingende Adagio molto des 6. Satzes mischt sich eine Stimmung des Abschieds. Der retrospektive Charakter kommt durch fallende Melodiesequenzen und zerfallende Melodielinien zum Ausdruck, bis nur mehr ein dünner, leiser, hoher Ton zurückbleibt. „Festina lente“ ist der Beiname dieses Streichquartetts, „eile mit Weile“ – diesen Rat vermochte Einem mit diesem Werk auf eindringliche Weise zu geben. An zweiter und fünfter Stelle sind zwei kurze Schnellsätze eingeschoben, die eine wichtige motivische Funktion erfüllen. Sie bilden und verarbeiten ihre Themen über die musikalisch verwend- baren Töne des Namens des Widmungsträgers: h-a-es aus dem Vornamen Hans und e-es-c-h aus dem Nachnamen Wertitsch. Im 2. Satz eilen diese Tonfolgen mit Legato-Bindungen und in Markato-Blöcken dahin – ein Hauch von einem Scherzo. Im 5. Satz verdichtet und beschleunigt sich nach einem munteren Tänzchen die Tonfolge des Nachnamens des Widmungsträgers immer mehr, bis sie in einer clusterartigen Tontraube verschwindet. Bleibt der Schubertsche 3. Satz im Zentrum des Werkes: Auch hier gehen Zeiten und Stile, Homophonie und Polyphonie, ruhige und heftig akzentuierte Rhythmik ineinander über und auseinander hervor. Es ist, als ob Herr und Frau Biedermeier Tango tanzten.   (Rainer Lepuschitz im Programmheft zur Aufführung am 18.11.2008 im Salzburger Mozarteum)

Rezension

(...) schrieb starke Theatermusik, die heute zu Unrecht vernachlässigt wird. Im hauptsächlich der Kammermusik gewidmeten Alterswerk herrscht melancholisch durchwirktes, oft kunstvoll bruchstückhaft wirkendes Melos vor, wofür das 5. Streichquartett mit dem Beinamen "Festina lente" (etwa: Eile mit Weile) ein gutes Beispiel ist. Das Mozarteum-Quartett brachte die feinen Linien und Kontraste des Stücks vorbildlich zur Geltung und brachte zusätzlich musikantische Laune ein. Jedenfalls ein Plädoyer für weitere Beschäftigung mit Einems heute vernachlässigtem Oeuvre. (...) (Gottfried Franz Kasparek, Drehpunkt Kultur, Salzburg, 18.11.2008)