BISCHOF Rainer
Tu felix...!
für Blasorchester
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Beschreibung
Tu felix …! für Blasorchester, entstanden 2010 und „Oberstleutnant Mag. Bernhard Heher und seiner Gardemusik Wien zugeeignet“, ist laut Eingeständnis des Komponisten „ein zutiefst österreichisches Werk“ voller erinnernder Reflexionen – und damit auch eine philosophisch-musikalische Erkundung unserer kulturellen Gegenwart. Rainer Bischof setzt darin die Dodekaphonie erneut auf virtuos gehandhabte Weise so ein, dass sie ihm ermöglicht, tonales Material, hier spezifisch „österreichische“ Themen, auf subtile Art anspielungsreich durchschimmern zu lassen und sie gleichsam gebrochen, aber doch bruchlos in einen größeren Kontext einzuarbeiten. Nach einer sechs Takte langen Adagissimo-Einleitung, welche die geheimnisvoll nachsinnende Klangwelt des Werks entfaltet und zuletzt mit Fanfarenmotiven der Trompeten und Pauken mit großer Geste Aufmerksamkeit heischt, tritt die 1. Trompete („espressivo, feierlich“) mit der Reihe hervor: Unschwer ist an ihrem Beginn die Bundeshymne „Land der Berge“ auszumachen. Doch es ist die Feierlichkeit eines Kondukts, keinesfalls jene eines extrovertierten Festes, die hier ausgebreitet wird – düstere Schläge des Tamtams und der großen Trommel lassen keinen Zweifel daran, und auch musikalische Fetzen eines Tanzes, einer vagen Valse triste, die sich als varative Durchführung anschließt, können daran nichts ändern. Selbstverständlich sind dies Allusionen an die Musik Gustav Mahlers, welche Tu felix …! entscheidend mitbestimmen – bis hin zum schleppenden Schritt eines Trauermarschs, hier allerdings beziehungsreich im 6/8-Takt ausgeführt und ganz bewusst dem Blues angenähert: eine „Marcia funebre austriaca“, wie Bischof in der Partitur ausdrücklich notiert. Das ist freilich ein selbstbezüglich anmutender Vermerk, klingt es doch durch den Themenkopf der Bundeshymne, als trauerte nicht etwa das Land, sondern als würde es gar selbst zu Grabe getragen. Das alte „Kakanien“ wird daraufhin mit einer Anspielung an Joseph Haydns „Gott! erhalte“ in der Basstuba in Erinnerung gerufen, der folgende Anstieg des reinen D-Dur-Dreiklangs in den Hörnern ist untrennbar mit dem Walzer An der schönen blauen Donau verbunden, der „heimlichen Hymne“ Österreichs aus der Feder von Johann Strauß Sohn – doch fast sofort rufen die Trompeten zu jenem unsäglichen Appell, den Schönberg in seinem Überlebenden aus Warschau verewigt hat: Die Erinnerung an die Gräuel der Shoa ist mit dem „Land der Berge“, das in der Tuba sich nun unverschleiert vor Schlagzeughintergrund meldet, eben untrennbar verbunden – und wird mit dem Ausruf der geschundenen Kreatur schlechthin beantwortet: „Wir arme Leut‘!“ aus Alban Bergs Wozzeck, von Hörnern vorweggenommen, von den Posaunen sofort danach überaus markant heraus-gestellt. Nach kurzem expressivem Tumult führen wehende Holzbläserfiguren zurück zu neuerlichen Abwandlungen von Trauermarsch und Walzer, wobei unerbittliche Schläge der großen Trommel der Szenerie eine herbe Dringlichkeit verleihen. Fanfarenfloskeln klingen zuletzt wie von weit her. Leise verklingt das Stück mit einem Trompetenakkord und Tamtamschlag. Walter Weidringer
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