RÜEGG Mathias
Untitled but Lovely für Oboe und Klavier
Erscheinungsdatum
1995
Besetzung
Oboe und Klavier / Orgel / Cembalo
Bestell-Nr.
05 266
ISMN
979-0-012-20108-3
Keine Medien vorhanden
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Beschreibung
Im Jahre 1992, in dem Jahr, als ich das Porgy & Bess gründete, meine Tochter auf die Welt kam und ich nebenbei noch zwei Monate lang musikalischer Direktor der Vereinigten Bühnen Wiens war, hatte ich infolge einer künstlerischen Krise beschlossen, einen längeren Zeitraum im Jazz nichts mehr zu komponieren, sondern mit einer Ausnahme (VAO plays for Jean Cocteau) nur noch bestehendes Material zu arrangieren. So entstanden Alben wie American Rhapsody, European Song Book, Ballads, Nine Immortal NonEvergreens for Eric Dolphy oder Duke Ellingtons Sound of Love. Erst im Jahr 2000 meldete ich mich als Jazzkomponist mit Artistry in Rhythm wieder zurück.
1994 bekam ich vom französischen Klarinettisten Michel Portal den Auftrag, ein Stück für ihn und Kammerorchester zu schreiben. Wir einigten uns darauf, dass Michel mir ein paar Skizzen geben sollte, die ich als Grundlage für eine dreißigminütige Komposition verwenden würde. Es waren nur ein paar wenige Akkordfolgen und Melodien, aber die hatten es in sich und öffneten meinen Horizont in ungeahnter Weise. Und nun fing ich wieder verstärkt an, klassische (Kammer-)Musik zu schreiben, wobei Untitled, but lovely das erste Stück war. Alles dreht sich um dieses Anfangsmotiv, eine jener Skizzen Portals, das sich durch das ganze Stück zieht. Immer hart an der Grenze der Tonalität, aber im Gestus sehr lyrisch, klanglich und sangbar. Es ist das einzige all meiner komponierten Stücke, in dem die Rhythmik und die dazugehörende Phrasierung nur eine untergeordnete Rolle spielen, ein Stück also, das man hundertprozentig „klassisch“ interpretieren kann, wenn man will.
Es gibt aber auch ein paar Stellen, die man etwas anders spielen könnte. Etwa so, wie es untenstehende Spielanweisung verrät. Und Sie finden garantiert heraus, welche ... :-))
Hörproben
Allgemeine Spielanleitungen:
Nachdem ich versuche, „klassische“ Musik aus der Perspektive eines Jazzmusikers zu schreiben, sollte Folgendes berücksichtigt werden: Alle rhythmischen Stellen beziehen sich auf den Grundbeat und müssen entsprechend rhythmisch, also ohne irgendwelche „Verzögerungen“ etc. gespielt werden. Die Phrasierung ist im Großen und Ganzen immer die gleiche: Die Bögen markieren die Längen (bzw. die melodischen Abschnitte) der Phrasen und oft auch ihre Akzente, sind aber hier, im Gegensatz zur klassischen Notation k e i n e Legatoangaben. Das klassische Staccato kommt eigentlich fast nie vor, es handelt sich also um eine Art Attacca, d. h. die Bläser stoßen die Noten einzeln an, und die Streicher spielen „Alla Corda“ bzw. „Détaché“ und phrasieren jede einzelne Note. Im Jazz würde man die Phrasierung als nicht triolisierte Legatoachtel bezeichnen. Bei den Rubatostellen wird dann normal legato gespielt.
PS: Komponisten (wie ich) liefern Vorschläge und legen keinen großen Wert auf Werktreuefetischismus. Wichtig ist das Erkennen der musikalischen Strukturen. Daraus ergibt sich zwangsläufig die „richtige“ Interpretation, vor allem, was die Rhythmik betrifft.
mathias rüegg,
Wien, März 2011
Rezension
"Ein bemerkenswertes und sehr zu empfehlendes Duett, geschrieben als ‚klassische Musik aus der Perspektive eines Jazzmusikers‘ (Zitat M.R.) und vom Komponisten durchaus mit Vorschlagscharakter bedacht, da auf ‚Werktreuefetischismus‘ kein Wert gelegt wird. (…) Vorstellbar und nicht uninteressant wäre die Ausführung der Melodiestimme mit Klarinette oder Sopransaxophon. Aufmachung, Druckbild und Gesamtqualität sind bei Doblinger – hier wird das gesamte kammermusikalische Oeuvre Rüeggs betreut – grundsätzlich vorbildlich und somit zu loben.“
(Claus Raumberger, OBOE – FAGOTT 1/2013)
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